Ja, nein, vielleicht – welche psychologischen Einflussfaktoren wirken während des Verkaufsprozesses beim Firmenverkauf auf den potenziellen Käufer? Und welche Folgen haben diese für sein Entscheidungsverhalten? Wenn Sie als Verkäufer einer Firma auf diese Fragen antworten können, ist das ein grosser Vorteil für die Verkaufsverhandlungen.
Teil 1 dieser zweiteiligen Blogserie wird deshalb die beim Käufer auftretenden psychologischen Verhaltensweisen und deren (zum Teil negativen) Einfluss auf den Verkaufsprozess aufzeigen.
Teil 2 liefert dann Antworten darauf, wie der Verkäufer auf diese Einflüsse reagieren und der Verkaufsprozess erfolgreich gestalten kann. Hier geht’s zum Blogbeitrag «Entscheidungsverhalten beim Firmenverkauf – Teil 2».
Psychologische Verhaltensweisen des Käufers beim Firmenverkauf
Aus der wissenschaftlichen Forschung ist bekannt, dass Kauf- und Verkaufsentscheidungen massgeblich von emotionalen und kognitiven Faktoren beeinflusst werden. Anstatt eines rein rationalen Verhaltens (Preismaximierung) spielen auch andere, nichtökonomische Faktoren bei der Entscheidung eine Rolle – sowohl beim Käufer als auch beim Verkäufer.
Dies zeigt nur schon die Tatsache, dass viele privat gehaltene Unternehmen nicht für ihren eigentlichen (theoretischen) Wert verkauft, sondern im Vergleich zu börsennotierten Unternehmen mit einem Abschlag im zweistelligen Prozentbereich gehandelt werden. Nachfolgend werden drei wichtige psychologische Hürden dargelegt, die den Käufer und somit sein Verhalten beim Unternehmenskauf beeinflussen:
Einflussfaktor 1: Fehlendes Vertrauen durch Informationsasymmetrien
Eine der grössten Hürden im Prozess der externen Unternehmensnachfolge, insbesondere bei inhabergeführten KMU, sind Informationsasymmetrien zwischen Verkäufer und Käufer und das damit verbundene fehlende Vertrauen. Käufer fordern bereits früh im Verkaufsprozess vertiefte Informationen über das Kaufobjekt, um Vertrauen zur Firma respektive zum Inhaber aufbauen zu können.
Auf der anderen Seite steht der Verkäufer beim Firmenverkauf mehreren potenziellen Käufern gegenüber, über die wenig bekannt ist. Beispielsweise kann der Verkäufer die Stärke der Kaufabsicht sowie die Qualität des Nachfolgers noch nicht abschätzen, weshalb er mit der Herausgabe von Informationen oftmals zögert.
Einflussfaktor 2: Entscheidungen nachtrauern
Viele Personen haben eine Abneigung vor dem Bereuen. In der wissenschaftlichen Forschung ist dieses bei gewissen Personen stärker ausgeprägte Denkmuster unter dem Fachwort Regret-Aversion bekannt. Die Abneigung oder gar Angst vor dem Bereuen einer Entscheidung beeinflusst Personen in Entscheidungssituationen.
Beispiel: Aus Experimenten ist bekannt, dass ein selbst ausgefüllter Lottoschein nur ungern gegen einen fremd ausgefüllten Lottoschein ausgetauscht wird. Der Grund: Die Personen haben Angst, dass der eingetauschte Lottoschein gewinnt und man die Entscheidung bereut. Gewinnt hingegen der fremd ausgefüllte Lottoschein, so wird das die Person nie erfahren, weshalb es auch nichts zu bereuen gibt.
Für den Unternehmenskauf bedeutet dies, dass eine Kaufentscheidung aus Angst vor dem Bereuen (z. B. aufgrund schlechterer Marktentwicklung als angenommen) eventuell nicht getätigt wird. Je nach Person ist die Regret-Aversion und ihr Einfluss auf die Kaufentscheidung stärker oder schwächer ausgeprägt.
Einflussfaktor 3: Vermeintlich Bekanntes wird Unbekanntem vorgezogen
Die sogenannte Ambiguitäts-Aversion beschreibt das Entscheidungsverhalten bei einer Entscheidung unter Unsicherheit und Ungewissheit.
Unsicherheit vs. Ungewissheit: Bei Unsicherheit ist das Risiko einer Entscheidung bekannt. Am Beispiel der bekannten Münze: Bei Kopf gewinnt man CHF 100 und bei Zahl verliert man CHF 50. Die Wahrscheinlichkeit liegt für beide Seiten bei 50%. Ungewissheit bedeutet hingegen, dass zwar die alternativen Ergebnisse bekannt sind (Gewinn CHF 100 oder Verlust CHF 50), jedoch das Risiko (Eintrittswahrscheinlichkeit) unbekannt ist.
Menschen haben eine Abneigung vor Ungewissheit und klammern sich an «scheinbar» Bekanntem (auch bekannte Wahrscheinlichkeiten) fest. Für den Firmenkauf bedeutet dies, dass Unternehmen, die den Käufern bekannt erscheinen (z. B. aufgrund der Branche, der Örtlichkeit usw.) oder über die viele Informationen verfügbar sind (z. B. Prognosen, Finanzpläne) viel interessanter wirken als Firmen mit weniger zugänglichen Informationen, die womöglich aber das grössere Potenzial bieten würden.
Auswirkungen auf den Firmenverkauf und die Entscheidungen
Die zuvor beschriebenen psychologischen Hürden, fehlendes Vertrauen, die Abneigung vor dem Bereuen sowie das Festhalten an vermeintlich Bekanntem sind bei jedem Käufer unterschiedlich stark ausgeprägt und können folgende Auswirkungen auf den Verkaufsprozess nach sich ziehen:
Folge 1: Höherer Gap zwischen Kauf- und Verkaufspreisvorstellung
Je grösser das fehlende Vertrauen und je stärker die Angst vor dem Bereuen sowie das Festhalten an Bekanntem, desto höher stuft der Käufer das Risiko eines Firmenkaufs ein. Diese Risikobewertung lässt der Käufer (bewusst oder unbewusst) in das Kaufangebot miteinfliessen. Bei hohem bewerteten Risiko wird der angebotene Kaufpreis tendenziell tiefer angesetzt.
Folge 2: Verzögerung oder gar Abbruch der Verhandlungen
Fehlendes Vertrauen und / oder die Suche nach scheinbarer Sicherheit können dazu führen, dass der Käufer das Grosse und Ganze aus den Augen verliert und sich auf verfügbare Detailinformationen fokussiert, die im Gesamtkontext betrachtet eigentlich weniger relevant wären.
Derartige Verhaltensweisen können zu Schwierigkeiten und Verzögerungen beim Nachfolgeprozess führen. Sind die Informationsdefizite, die Angst vor dem Bedauern und die Ungewissheit zu gross, wird sich der Käufer komplett aus dem Kaufprozess beziehungsweise den Verhandlungen zurückziehen. Die dem Verkäufer häufig wichtige Transaktionssicherheit, also dass das Unternehmen überhaupt verkauft werden kann, ist somit stark gefährdet.
Folge 3: Hohe Kosten zur Erreichung eines Firmenverkaufs
Das vom Käufer (aufgrund der psychologischen Einflüsse) höher eingeschätzte Risiko eines positiven Kaufentscheides kann beim Verkäufer zu insgesamt höheren Kosten führen. Neben tieferen Kaufpreisangeboten entstehen aufgrund von Verzögerungen oder gar Verhandlungsabbrüchen höhere Aufwände, insbesondere in Form von Zeit. Im Weiteren wird der Käufer das Risiko spätestens im Kaufvertrag abzuschwächen versuchen, beispielsweise in Form von Earn-Out-Klauseln, übertriebenen Konkurrenzverboten oder ausufernden Gewährleistungen.
Fazit: Psychologische Einflüsse bestimmen den Kaufpreis beim Firmenverkauf mit
Der Verkaufsprozess und die Entscheidungen des Käufers unterliegen verschiedenen und individuell stark ausgeprägten psychologischen Einflüssen. Dies ist ein wichtiger Grund dafür, weshalb es keinen «objektiven» Marktpreis gibt, sondern jeder Käufer seiner eigenen Logik (bzw. Risikobeurteilung) folgt. Für den Verkäufer stellt sich deshalb die Frage, wie die beim Käufer auftretenden psychologischen Hürden zu Gunsten einer erfolgreichen Transaktion abgeschwächt oder gar verhindert werden können. Diese Frage wird im 2. Teil beantwortet.