Das Potenzial sich über einen Firmenkauf selbstständig zu machen ist gross: Zwischen 70’000 und 80’000 Schweizer KMU suchen in den kommenden fünf Jahren einen Nachfolger (vgl. Studie Unternehmensnachfolge in der Praxis, S. 5). Im Gegensatz dazu ist es als Firmeninhaber keine einfache Angelegenheit den passenden Nachfolger zu finden. Dies insbesondere dann, wenn sich keine familien- oder firmeninterne Lösung abzeichnet. In rund einem Drittel der Fälle kommt der Nachfolger nicht aus den eigenen Reihen. Doch wie gelangen Firmeninhaber an externe Nachfolger?
Interesse bedeutet noch lange keine Kaufabsicht
Entscheidet sich ein Unternehmer seine Firma zu verkaufen, so aktiviert er in der Regel das eigene Netzwerk. Einerseits werden im Bekanntenkreis die Fühler nach potenziellen Kandidaten ausgestreckt. Andererseits wird das Anliegen oftmals mit dem persönlichen Finanzberater, Treuhänder oder Bankberater besprochen. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass es Monate dauern kann bis erste Gespräche mit einem – oder in eher seltenen Fällen – mehreren Interessenten geführt werden.
Vielfach werden entscheidende Diskussionen erst spät im Verkaufsprozess geführt, wie z.B. das Thema Verkaufs- respektive Kaufpreisvorstellung, was zum späten Abbruch der Verhandlungen führen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass meistens keine parallelen Gespräche mit verschiedenen Interessenten geführt werden können, sondern sich die Verhandlungen auf nur einen möglichen Käufer konzentrieren. Firmeninhaber verlieren so nicht nur Nerven, sondern auch viel Zeit bei der Suche nach dem passenden Nachfolger
Käufermarkt schaffen – das Potenzial ist gross
Um oben beschriebenen Situationen vorzubeugen und Transaktionssicherheit zu erhalten muss ein Käufermarkt geschaffen werden. Dabei sind drei Punkte zentral:
- Es sollten möglichst viele Interessenten im selben Zeitraum generiert werden.
- Die Gespräche mit verschiedenen potenziellen Käufern sollten parallel stattfinden.
- Entscheidungsrelevante Themen sollten bereits am Anfang des Prozesses diskutiert werden.
Der erste Punkt ist, wie eingangs erwähnt, oftmals eine schwierige Angelegenheit. Allerdings ist dieser Voraussetzung, damit der Punkt 2 erfüllt werden kann. Punkt 1 ist deshalb schwierig, weil oftmals nicht das ganze Käuferpotenzial ausgeschöpft wird. Ein kleines Beispiel: Neben strategischen Käufern wie Mitbewerber oder Finanzinvestoren stellen unzufriedene Arbeitnehmende ein grosses Käuferpotenzial dar. In der Jobstudie von EY 2016 gaben 35% der befragten Schweizer Arbeitnehmenden an, aktiv, gelegentlich oder passiv (Interesse bei relevanten Angeboten) nach einem neuen Arbeitgeber zu suchen (vgl. EY Jobstudie 2016, S. 13). Das sind 35% von 4.9 Mio. Beschäftigten in der Schweiz, die neue Opportunitäten suchen und potenziell an einem Firmenkauf interessiert sein könnten.
Für viele dieser «Suchenden» ist die Selbstständigkeit etwas Erstrebenswertes und weiterhin der Königsweg. Trotz dieser wunderbaren Aussicht auf potenzielle Nachfolger ist es als Firmeninhaber kein Einfaches, an diese Personen zu gelangen. Insbesondere, wenn die Arbeitnehmenden noch gar nichts von ihrem Glück wissen. Die Kunst ist es, diese sogenannten «passiv» Suchenden anzusprechen. Heute in Zeiten der sozialen Medien und der rasanten digitalen Entwicklung gibt es diverse Möglichkeiten, an diese Personen zu gelangen.
Risiko? Nein, Danke
Ein erschwerendes Phänomen dieser potenziellen Käuferschaft ist die häufige Abneigung gegenüber Risiko. Als Unternehmer weiss man zwei Dinge mit Bestimmtheit. Erstens, ohne Fleiss kein Preis und zweitens, wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Diese beiden Aphorismen widerspiegeln sich in der Risikobereitschaft einer Person. Ein Teil der Arbeitnehmenden, für die ein Firmenkauf interessant erscheint, hat falsche Vorstellungen vom Unternehmertum. Sie sind kaum bereit, finanzielle oder persönliche Risiken einzugehen, möchten aber gleichzeitig ein hochrentables Unternehmen mit möglichst gesicherten Aufträgen für die nächsten Jahre.
Es gilt deshalb vor allem diejenigen Interessenten im weiteren Prozess zu berücksichtigen, die auch tatsächlich über die nötige Risikobereitschaft verfügen, um den Schritt in die Selbstständigkeit respektive zum Unternehmertum zu wagen. Dies erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Kann eine solche Selektion nicht bereits frühzeitig wahrgenommen werden, besteht eine latente Gefahr eines Absprungs bis kurz vor Kaufvertragsunterzeichnung.