Viele Unternehmerinnen und Unternehmer stecken ihre ganze Energie in den Aufbau und das Wachstum ihres Betriebs. Die Nachfolgeplanung wird dabei oft vor sich hergeschoben, als wäre sie ein fernes oder gar unangenehmes Thema. Doch gerade bei Schweizer KMU, wo persönliche Beziehungen und tiefes Fachwissen eine so grosse Rolle spielen, ist eine frühzeitige und strategische Planung entscheidend für den reibungslosen Übergang und den langfristigen Erfolg des Lebenswerks. Die Frage ist daher nicht ob, sondern wann der richtige Zeitpunkt ist, sich ernsthafte Gedanken zur eigenen Unternehmensnachfolge zu machen. Die Antwort ist einfacher, als Sie vielleicht denken: Jetzt.
Warum «zu früh» besser ist als «zu spät»
Die meisten Unternehmer beginnen mit der Nachfolgeplanung erst, wenn sie sich dem Pensionsalter nähern. Da ein Nachfolgeprozess zeitintensiv ist und nicht mit dem Verkaufsabschluss endet, sondern in der Regel auch eine strukturierte Einarbeitung erfordert, führt ein zu später Start oft dazu, dass die Pensionierung deutlich über das ordentliche Pensionsalter hinausgeschoben werden muss. Hinzu kommt, dass Unternehmen in einem fortgeschrittenen Alter des Eigentümers oftmals nicht mehr mit der gleichen unternehmerischen Energie und Innovationsbereitschaft geführt werden wie früher. So hat beispielsweise ein Grosshändler aufgrund seines Alters notwendige Investitionen in ERP und Lagersysteme zurückgestellt, in der Annahme, das Unternehmen ohnehin bald verkaufen zu wollen. Gerade diese Investitionen hätten jedoch den Unternehmenswert gesteigert und gleichzeitig das personenbezogene Wissen reduziert, was wiederum eine reibungslosere Übergabe ermöglicht hätte. Das Ergebnis war ein tieferer Verkaufspreis in Kombination mit einer längeren Einarbeitungszeit und damit eine nochmals verzögerte Pensionierung.
Auch unerwartete Ereignisse können eine kurzfristige Nachfolgelösung erforderlich machen. So sah sich etwa ein IT-Unternehmer aufgrund einer schwerwiegenden gesundheitlichen Diagnose gezwungen, das Unternehmen rasch zu veräussern. In solchen Situationen, in denen unerwartet auf künftige Einkünfte verzichtet werden muss und auch eine finanzielle Absicherung für Nachkommen gewünscht ist, wird die Bedeutung eines angemessenen Verkaufspreises noch grösser. Die Realität zeigt jedoch, dass ein beschleunigter Verkaufsprozess häufig zu Preisabschlägen führt, da das Unternehmen in der Kürze der Zeit nicht optimal auf einen Eigentümerwechsel vorbereitet werden kann. In diesem konkreten Fall bestanden unter anderem eine starke Inhaberabhängigkeit sowie fehlende Dokumentation des Know-hows. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit solchen Szenarien hätte ermöglicht, die Firma besser zu strukturieren und im Ernstfall deutlich mehr finanzielle Mittel freizusetzen.
- Folglich ist zu beachten:Vermeidung von Zeitdruck und Notverkäufen: Eine vorausschauende Planung von mehreren Jahren (fünf bis zehn Jahre) gibt Ihnen die nötige Zeit, um den Prozess in Ruhe anzugehen. Sie können den Markt beobachten, verschiedene Optionen prüfen und den besten Zeitpunkt für den Verkauf oder die Übergabe abwarten, ohne unter Druck handeln zu müssen. Ein Notverkauf führt fast immer zu Wertverlusten.
- Optimale Vorbereitung des Unternehmens: Ein Unternehmen, das auf eine Nachfolge vorbereitet ist, ist attraktiver. Das bedeutet, interne Strukturen zu festigen, die Abhängigkeit von der Inhaberperson zu reduzieren, Prozesse zu dokumentieren und die «Verkaufsfähigkeit» zu erhöhen. Dies braucht Zeit und kann nicht über Nacht geschehen.
- Bessere Verhandlungsposition: Mit einer soliden Vorbereitung und mehreren Optionen in der Hand sind Sie in einer deutlich stärkeren Verhandlungsposition. Sie können den besten Preis und die passendsten Konditionen mit dem optimalen Nachfolger erzielen.
Der Lebenszyklus eines Unternehmens: Typische Phasen für die Nachfolgeplanung
Die Nachfolgeplanung ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein dynamischer Prozess, der an verschiedene Phasen im Unternehmenslebenszyklus gekoppelt sein kann:
- Wachstumsphase: Auch wenn die Nachfolge weit entfernt scheint, ist dies der ideale Zeitpunkt, um erste Weichen zu stellen. Denken Sie über die Etablierung eines starken Führungsteams nach, das später in Frage kommen könnte, oder über die Dokumentation von Prozessen, die das Unternehmen von Ihnen unabhängiger machen.
- Konsolidierungsphase: Das Unternehmen hat sich etabliert, die Prozesse sind stabil. Hier können Sie beginnen, konkretere Strategien zu entwickeln und erste Gespräche mit potenziellen internen oder externen Kandidaten zu führen.
- Vor dem geplanten Ausscheiden (5-10 Jahre vorher): Dies ist der späteste Zeitpunkt, um aktiv zu werden. Sie haben noch genügend Zeit, um das Unternehmen in Topform zu bringen, die beste Nachfolgelösung zu finden und einen geordneten Übergang sicherzustellen.
- Unerwartete Ereignisse: Krankheit, Unfall, familiäre Veränderungen – das Leben hält Überraschungen bereit. Für solche Fälle sollten Sie zumindest einen «Notfallkoffer» mit grundlegenden Regelungen (Vollmachten, Vertretungsbefugnisse) bereithalten, selbst wenn die vollständige Nachfolgeplanung noch nicht abgeschlossen ist.
Persönliche Überlegungen des Unternehmers: Mehr als nur Zahlen
Die Entscheidung zur Nachfolge ist oft zutiefst persönlich. Finanzielle Aspekte sind wichtig, aber auch emotionale und strategische Überlegungen spielen eine grosse Rolle:
- Der Wunsch nach Veränderung: Vielleicht möchten Sie sich neuen Projekten widmen, mehr Zeit mit der Familie verbringen oder einfach den wohlverdienten Ruhestand geniessen.
- Gesundheitliche Gründe: Eine sich verschlechternde Gesundheit kann den Ausschlag geben, früher als geplant über eine Nachfolge nachzudenken.
- Das unternehmerische Erbe sichern: Viele Unternehmer möchten sicherstellen, dass ihr Lebenswerk in guten Händen weitergeführt wird, die Philosophie erhalten bleibt und die Arbeitsplätze gesichert sind.
- Der persönliche Fahrplan: Haben Sie klare Vorstellungen, wie Ihr Leben nach der Übergabe aussehen soll? Dies beeinflusst unzweifelhaft, wann und wie Sie die Nachfolge angehen.
Erste Schritte der Nachfolgeplanung: Wo fange ich an?
Es muss nicht gleich der grosse Masterplan sein. Beginnen Sie mit kleinen, aber doch wichtigen Schritten:
- Analyse des Unternehmens: Wie ist Ihr Unternehmen aktuell aufgestellt? Wo liegen Stärken und Schwächen? Welche Kennzahlen sind wichtig?
- Zielsetzung: Was möchten Sie mit der Nachfolge erreichen? Maximaler Verkaufspreis? Erhalt der Arbeitsplätze? Übergabe an die Familie?
- Erste grobe Zeitplanung: Wann möchten Sie das Unternehmen spätestens übergeben haben?
- Informelle Gespräche: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Treuhänder oder einem M&A-Berater, um erste Einschätzungen und Optionen zu erhalten.
Die Nachfolgeplanung ist eine Investition in Ihre Zukunft und die Zukunft Ihres Unternehmens. Je früher Sie damit beginnen, desto mehr Optionen haben Sie, desto geringer ist der Stress und desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Unternehmen erfolgreich in die nächste Generation an einen neuen Eigentümer übergeht.