In der Schweiz nehmen Familienunternehmen immer noch eine wichtige Stellung ein. So befanden sich vor weniger als zehn Jahren noch mehr als 80% aller Schweizer KMU fest in Familienhand (Studie der Universität St. Gallen, 2014). Wie der Name «Familienunternehmen» schon sagt, befindet sich das Unternehmen in der Hand einer Familie und dies meist schon seit mehreren Generationen. Daher ist es naheliegend, auf die Frage «Wem übergebe ich mein Unternehmen?» mit «Einem Familienmitglied, denn das Unternehmen soll ja in der Familie bleiben!» zu antworten. Dennoch kann sich die Aufgabe «Familienunternehmen verkaufen» als Knacknuss erweisen.
Denn ein Familienunternehmen in der Familie zu halten, erweist sich in der heutigen Zeit als immer schwieriger, wie nachfolgende Zahlen zeigen. Obwohl die Hälfte der gegenwärtigen Inhaberschaft von Familienunternehmen die Firma in der Familie halten möchte, gehen nur 30% der Unternehmen auch tatsächlich auf ein Familienmitglied über und nur 10% aller Familienunternehmen schaffen den Sprung zur dritten Generation. Man sieht, es besteht eine grosse Diskrepanz zwischen den Nachfolgeabsichten und der Realität.
Alternativen in der Nachfolgeregelung
Die beliebteste Variante der Nachfolgelösung eines Familienunternehmens ist logischerweise wie bereits dargelegt, die familieninterne Übertragung. So bleibt das Unternehmen in Familienhand und der Betrieb kann wie gewohnt weitergeführt werden. Wird allerdings keine familieninterne Lösung gefunden beziehungsweise sind weder Wille noch Fähigkeiten eines möglichen Nachfolgers vorhanden, sind andere Wege gefragt und das Projekt «Familienunternehmen verkaufen» muss gestartet werden. Bestenfalls kann das Unternehmen mit einem Management Buy-out an einen verdienten und langjährigen Mitarbeiter übergeben werden, der das Unternehmen im Sinne der Inhaberschaft weiterführt. Mangelt es den dafür prädestinierten Kandidaten aber an der Motivation in die Fussstapfen des Inhabers zu treten oder fehlt schlicht und einfach das nötige Kapital für den Erwerb des Unternehmens, kommt schlussendlich nur noch der Verkauf der Firma an eine private Drittperson, einen strategischen Käufer oder Finanzinvestor in Frage. Obwohl sich Finanzinvestoren zunehmend auch langfristig engagieren, zieht die Mehrheit der Familienunternehmen den Verkauf an eine motivierte und fähige Privatperson oder allenfalls an einen strategischen Käufer bzw. Mitbewerber vor.
Familienbetrieb verkaufen: Charakteristika von familiengeführten Betrieben
Jedes Unternehmen stellt an sich bereits ein komplexes und einmaliges Gebilde dar, aber bei Familienunternehmen kommen noch zusätzliche Komplexitäten hinzu. Denn Familienunternehmen stellen eine Schnittmenge der Sphären «Unternehmen», «Familie», «Management» und «Eigentum» dar. Diese einzelnen Sphären können je nach Betrieb und Familie unterschiedlich stark miteinander interagieren und verwoben sein. Dies führt dazu, dass wenn man ein Familienunternehmen verkaufen will, sich auf spezifische Herausforderungen einstellen sollte, um die Nachfolge erfolgreich aufzugleisen und dann auch durchzuführen. Denn Familienunternehmen nehmen gegenüber Nicht-Familienunternehmen in den nachfolgenden Spannungsfeldern unterschiedliche charakteristische Positionierung ein, die es bei einer Nachfolgeregelung individuell zu berücksichtigen gilt.
Familienunternehmen verkaufen: Familie vs. Unternehmen
Dem Namen entsprechend verfügen Familienunternehmen meist über eine stark familienbezogene Kultur. Diese orientiert sich oftmals in grossem Ausmass am Familienoberhaupt respektive dem Inhaber. Demensprechend ist auch die Firmenstruktur oftmals hauptsächlich patriarchalisch geprägt.
Familienunternehmen verkaufen: Tradition vs. Veränderung
Oftmals liegt der Fokus bei Familienunternehmen auf der Erhaltung der Tradition. Das Unternehmen hat bereits eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte hinter sich mit einem bewährten Geschäftsmodell. Demnach werden Veränderungen äusserst kritisch begutachtet und eine grosse Portion Skepsis muss überwunden werden, bevor neue geschäftliche Wege gegangen werden. Überlegungen von einer nachhaltigen Langfristigkeit dominieren bei Familienunternehmen. In anderen Worten: Familienunternehmen bevorzugen Kontinuität gegenüber dem kurzfristigen «Shareholder Value».
Familienunternehmen verkaufen: Reinvestition vs. Ausschüttung
Auch bei Investitionen herrscht in Familienunternehmen, welche bereits mehrere Generationen überdauert haben, ein anderes Denken. Die Aufnahme von Fremdkapital wird gar nicht oder nur als letzte Möglichkeit ins Feld geführt. Daraus ergibt sich unter anderem, dass die Finanzierung eines Familienunternehmens mehrheitlich durch das Einbehalten von Gewinnen respektive einer sehr tiefen Gewinnausschüttung erfolgt. Dabei bilden die verhältnismässig hohen Eigenkapitalquoten eine solide Finanzierungsbasis, stärken die Krisenresistenz und verringern Abhängigkeiten gegenüber Fremdkapitalgebern.
Die externe Nachfolgeregelung als Prüfstein für ein Familienunternehmen
Inhaber von Familienunternehmen sind es gewohnt in praktisch jedem Entscheidungsprozess rationale gegenüber emotionalen Faktoren abzuwägen. Denn einerseits will die Inhaberschaft im Interesse des Unternehmens handeln, aber auch die Interessen der Familie nicht unberücksichtigt lassen. Dabei müssen beide Faktoren angemessen adressiert und gegeneinander abgewogen werden. Dies trifft besonders auf die Thematik einer bevorstehenden Unternehmensnachfolge zu, wobei erfahrungsgemäss die rationalen Faktoren vor allem beim Wert des Unternehmens in den Hintergrund rücken. Die Geschäftsübergabe hat nicht nur Einfluss auf Einkommen und Vermögen der abtretenden Inhaberschaft, sondern wesentlich bedeutender sind emotionale Faktoren. Denn die Geschäftsübergabe bedeutet oft die Trennung vom Lebenswerk und einem wesentlichen Bestandteil der familiären Identität. Die entstehende «Leere» muss der scheidende Unternehmer mit neuem Lebensinhalt füllen und die mögliche Angst vor Statusverlust überwinden. Die häufigsten Gründe für das Scheitern der Geschäftsübergabe sind eine fehlende oder mangelhafte Planung, die Unfähigkeit der Inhaberschaft loszulassen, sowie eine nicht auf Grund objektiver Kriterien getroffene Wahl des Nachfolgers. Für den Nachfolger selbst ist es umso schwieriger, in die Fussstapfen seines Vorgängers zu treten, denn die Inhaberabhängigkeit ist meist sehr stark und das vorhandene Wissen konzentriert sich auf die Inhaberschaft. Daraus folgt für den Nachfolger ein höheres Risiko, was entweder zu einem Preisabschlag oder variablen Kaufpreisteilen führen kann und beim Verkäufer auf Unverständnis stösst. So hat «sein Baby» den Markttest doch schon lange bestanden und er sein ganzes Herzblut in die Firma gesteckt. Durch den Fokus auf die Stabilität und dem defensiven Investitionsverhalten werden zudem bei Familienunternehmen oftmals Potenziale ungenutzt gelassen. Diese machen ein Unternehmen zwar attraktiv für den Erwerb, da die unternehmerische Zukunft gesichert ist, wiegt aber die erwähnten Risiken monetär meist nicht auf. Denn eine Firma mit Potenzial zu übernehmen ist zwar schön, dieses zu realisieren obliegt aber der neuen Inhaberschaft und kann nicht dem Verkäufer angerechnet werden.
Vorteile bei der externen Nachfolgeregelung eines Familienunternehmens
Hat sich die Inhaberschaft entschieden, das Unternehmen an einen familienexternen Nachfolger zu übergeben, dann gibt es wie bereits weiter oben dargelegt entweder die Möglichkeit, durch einen Management Buy-out das Unternehmen einem Mitarbeiter zu übergeben oder durch einen Management Buy-in eine unternehmensexterne Firmennachfolge mit einer Drittpartei anzustreben. Dabei weisen beide Formen der Nachfolgeregelung ihre Chancen aber auch Gefahren für die Firma auf.
Die Vorteile bei einer unternehmensinternen Nachfolge liegen klar auf der Hand: Der Nachfolger kennt das Unternehmen in- und auswendig und eine Vertrauensbasis ist bereits aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit gelegt. Dies resultiert dann meist in einer zügigen Marschgeschwindigkeit im Transaktionsprozess und einer kurzen Einarbeitungszeit. Demgegenüber steht die unternehmensexterne Nachfolgeregelung. Zwar müssen sich Inhaberschaft und Kaufinteressenten schrittweise kennenlernen, was ein langwieriger Prozess sein kann. Dennoch sind die Möglichkeiten eines Management Buy-outs vor allem für das Unternehmen nicht zu unterschätzen und zeichnen sich durch nachfolgende Vorteile aus, welche matchentscheidend sein können:
- Verhandlungsposition: Gegenüber Mitarbeitenden oder externen Dritten ist die Verhandlungsposition stärker, da mit mehreren Kaufinteressen verhandelt werden kann. Dies ermöglicht in der Regel einen höheren Verkaufspreis als bei der familieninternen Nachfolgeregelung, bei der oftmals aus moralischen und finanziellen Gründen deutlich Preisabschläge gemacht werden.
- Innovation und Optimierungspotenzial: Ein externer Nachfolger erkennt durch den «Blick von aussen» eher, wo das Optimierungspotenzial liegt und welche neuen Wege eingeschlagen werden können/müssen. Ein firmeninterner Nachfolger kennt hingegen die Baustellen und kann aus dem Schatten der Familieninhaberschaft exakt diese Potenziale angehen, die bereits länger brach liegen.
- Auswahl im Nachfolgerprofil: Bei einer marktweiten Käufersuche stehen die Chancen höher, jemanden zu finden, der sämtliche fachlichen Anforderungen mitbringt.
- Nutzen von Synergieeffekten: Ein unternehmensexterner Nachfolger aus der gleichen Branche bringt unter Umständen wertvolle Expertise, vorhandene Infrastruktur sowie Kunden-, Lieferanten- und Vertriebsnetzwerk in das Unternehmen.
- Geringe Emotionalität: Es besteht in den meisten Fällen keine persönliche Beziehung zum Nachfolger, weshalb Übernahmekonditionen direkt und frühzeitig kommuniziert werden können.
Erfolgreiche Nachfolgeregelungen von Familienunternehmen wie beispielsweise diejenigen der Ifanger AG, der Diethelm Fassadenbau AG sowie der Paul F. Sponagel AG unterstreichen die Wichtigkeit der unternehmensexternen Firmennachfolge und zeigen das grosse Potenzial einer externen Käuferpartei für die Firma auf.
Familienunternehmen verkaufen: Die Rolle eines M&A Spezialisten
Der Einbezug eines Vermittlers ist gerade beim externen Verkauf von Familienunternehmen sehr zu empfehlen. Emotionen gehören üblicherweise zum Unternehmensverkauf dazu. Allerdings ist beim Verkauf eines Familienunternehmens diese Emotionalität um einiges höher. Demgegenüber steht der potenzielle Nachfolger, der sich beim Erwerb des Unternehmens hauptsächlich von Rationalität, Fakten und harten Zahlen leiten lässt. Somit treffen bei der Nachfolgeregelung zwei grundsätzlich verschiedene Welten aufeinander, welche sich letztlich für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung aber handelseinig werden müssen. Umso wichtiger ist es daher, den Verkaufsprozess von einer Person führen zu lassen, die emotional nicht mit der Firma verbunden ist. Denn der Treuhänder oder der Hausanwalt von Familienunternehmen sind oft eng mit Firma und Familie verbunden – ein Umstand, der den Verkauf behindern oder gar verunmöglichen kann. Denn nicht nur kann ein erfahrener Nachfolgespezialist Wahrheiten aussprechen ohne Gefahr zu laufen, Freundschaften oder Geschäftsbeziehungen mit dem Verkäufer aufs Spiel zu setzen, sondern er kann Situationen emotional entschärfen, den ganzen Transaktionsprozess professionalisieren sowie zielführend vorantreiben und kennt die Herausforderungen einer externen Unternehmenstransaktion genaustens.