Vertraulichkeit beim Unternehmensverkauf

Die Wahrung der Vertraulichkeit bei einem Unternehmensverkauf ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Verkauf des Unternehmens. Einerseits geht es darum, dass die wichtigsten Stakeholder (u. a. Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden) keine Kenntnis des Firmenverkaufs erhalten und andererseits darum, dass hochvertrauliche Informationen nicht zum Vorteil Dritter respektive zum Nachteil des zum Verkauf stehenden Unternehmens genutzt werden können.

Informationsasymmetrien beim Unternehmensverkauf

Typischerweise besteht zu Beginn eines Firmenverkaufs eine hohe Informationsasymmetrie zwischen dem potenziellen Käufer und dem Verkäufer. Dies führt u. a. dazu, dass Käufer zu Beginn gegenüber dem Verkäufer respektive dem Unternehmen besonders kritisch sind. Innerhalb des Verkaufsprozesses ist es deshalb elementar wichtig, dem potenziellen Käufer gut aufbereitete und vertrauenswürdige Informationen zu übermitteln. Dies kann in mündlicher Form, durch den Eigentümer selber oder durch einen Transaktionsspezialisten, oder dann in schriftlicher Form respektive mit Übermittlung von Dokumenten geschehen. Nur so kann beim potenziellen Käufer ein grundlegendes Vertrauen in die Firma geschaffen werden, was die Grundlage bildet, um das Unternehmen auch tatsächlich zu übernehmen.

Unternehmensverkauf – ein Spagat zwischen Vertraulichkeit und Offenheit

Die Kunst liegt darin, so wenig vertrauliche Informationen wie möglich preiszugeben, um das Missbrauchsrisiko zu minimieren, und trotzdem so viel wie nötig weiterzugeben, damit beim potenziellen Käufer Vertrauen aufgebaut werden kann. Ein professioneller Unternehmensverkauf berücksichtigt in Bezug auf die Informationsweitergabe folgendes Credo: Was – (welche Information) – wer (erhält der Interessent) – wann (zu welchem Zeitpunkt)?

Sensitivität der Informationen («Was»)

Welche Unternehmensinformationen weitergegeben werden, ist neben dem Zeitpunkt auch stark von der Sensitivität der Daten selber abhängig. Informationen sind umso sensitiver, je mehr Schaden mit ihnen potentiell angerichtet werden kann. Alleine das Bekanntwerden der konkreten Verkaufsabsicht kann beispielsweise zu Problemen mit Kunden und Lieferanten führen. Im Grundsatz wird zwischen drei Sensitivitätsstufen unterschieden:

Sensitivitätsstufe 1: Generische Informationen

Die Informationen in dieser Stufe beinhalten nur generische Daten über das zum Verkauf stehende Unternehmen sowie allgemeine Marktinformationen. Der Name des Unternehmens ist dabei noch nicht bekannt. Zu den generischen Informationen gehören beispielsweise die Branche, die Anzahl Mitarbeiter, die Rechtsform des Unternehmens, eine grobe Angabe zum Umsatz sowie zur Ertragskraft und zu den besonderen Stärken des Unternehmens. Typischerweise werden diese Informationen in einem sogenannten Blindprofil zusammengefasst, um potenzielle Interessenten auf das zum Verkauf stehende Unternehmen aufmerksam zu machen.

Sensitivitätsstufe 2: Unternehmen-Markt-Informationen

Die nächste Stufe an Informationen beinhaltet neben dem Namen des Unternehmens auch vertiefte Informationen über die Mitarbeiter-, Lieferanten- und Kundenstruktur, Inhaberschaft, Produkte, interne Prozesse, vertragliche Beziehungen, Bilanz- und Erfolgsrechnungen sowie Marktinformationen wie bspw. Mitbewerber. Diese Informationen werden erst nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung weitergegeben – einerseits in Form einer Firmendokumentation und andererseits im persönlichen Gespräch.

Sensitivitätsstufe 3: Insider-Informationen

Zu den sensitivsten und heikelsten Daten gehören Namen von Mitarbeitenden, Namen und detaillierte Angaben zu Kunden und Lieferanten, sämtliche Vertragsdokumente sowie buchhalterische Details. Diese Informationen können nur von ernsthaften Interessenten mit konkreten Kaufabsichten eingesehen werden. Bis zu diesem Stadium dringen oft kaum mehr als eine Handvoll potenzieller Käufer vor.

Oft kommt es vor, dass zu diesem Zeitpunkt auch Gespräche mit Mitarbeitern, Kunden oder Lieferanten verlangt werden. Dies ist bezüglich Sensitivität die allerhöchste Stufe. Solche direkten Gespräche werden zumeist nur nach einem bereits unterzeichneten Kaufvertrag ermöglicht, da sie in der Regel zur Folge haben, dass der Gesprächspartner vom Verkauf der Firma Kenntnis erhält. Werden solche Gespräche ermöglicht und kommt der Verkauf nicht zustande, kann dies weitläufige Folgen für den Eigentümer haben, weil grosse Unsicherheiten entstanden sind.

Interessententypen mit unterschiedlicher Motivation («Wer»)

Im Grunde wird nicht zwischen Interessenten unterschieden. Sämtliche potenzielle Käufer erhalten früher oder später dieselbe Information (zumindest bis zur Sensitivitätsstufe 2). Es gibt allerdings drei Interessententypen, die unterschiedliche Vertraulichkeitsrisiken aufweisen.

Der private Käufer

Eine Privatperson als Käufer kann mit vertraulichen Informationen über die zu verkaufende Firma zumeist wenig anfangen. Hier besteht das grösste Risiko darin, dass sich der potenzielle Käufer zu wenig diskret verhält und beispielsweise mit Dritten über das zum Verkauf stehende Unternehmen unterhält oder gar eine Filiale (bspw. im Detailhandel) besucht und sich auffällig verhält.

Der strategische Käufer

Der Mitbewerber beispielsweise kann praktisch sämtliche Daten, seien es innerbetriebliche Prozesse, Produktspezifikationen, Lieferanten oder Kunden, zum eigenen Vorteil nutzen. Aus diesem Grund ist es wichtig, vor dem Zugang zu vertraulichen Informationen die Ernsthaftigkeit der Kaufabsicht genauestens abzuklären.

Der Finanzinvestor

Investoren gehen meistens professionell und diskret vor. Sie sind oftmals sehr gut vernetzt, kennen Mitbewerber oder besitzen selber Anteile von Firmen in derselben Branche. Aus diesem Grund sollte auch hier die tatsächliche Kaufabsicht gut abgeklärt werden. Wir stellen jedoch fest, dass der Wunsch nach Vertraulichkeit bei diesem Käufertyp auf Gegenseitigkeit beruht und deshalb genauso hoch ist wie beim Verkäufer selbst.

Dreistufiges Vorgehen zur Sicherstellung der Vertraulichkeit («Wann»)

Das wichtigste Mittel, um die Vertraulichkeit beim Unternehmensverkauf sicherzustellen, ist die dreistufige Informationsweitergabe.

1. Stufe: Blindprofil

In einem ersten Schritt und zur Gewinnung von potenziellen Käufern werden verschiedene mögliche Interessenten mit einem sogenannten Blindprofil kontaktiert. Das Blindprofil charakterisiert die zum Verkauf stehende Firma in Hinblick auf ihre zentralen Eigenschaften möglichst exakt, ohne dass dabei auf das betreffende Unternehmen geschlossen werden kann. Dabei werden nur generische Informationen (Sensitivitätsstufe 1) benutzt.

2. Stufe: Vertraulichkeitserklärung und persönliche Daten

Sobald ein Interessent weiteres Interesse bekundet, muss dieser eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnen, persönliche Daten bekannt geben (u. a. Lebenslauf) und allenfalls einen Eigenkapitalnachweis erbringen. In der Vertraulichkeitserklärung (auch NDA genannt, Abkürzung für Englisch non-disclosure agreement) erklärt der Interessent, dass sämtliche nicht-öffentlichen Informationen über das Unternehmen vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergeben werden.

Überdies ist elementarer Bestandteil, dass der Interessent nicht mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten usw. in Kontakt treten darf und gegebenenfalls sämtliche zur Verfügung gestellten Unterlagen zurückgeben oder vernichtet werden müssen. Damit wird einerseits sichergestellt, dass der Verkauf der Firma nicht öffentlich bekannt wird. Andererseits kann so jederzeit nachvollzogen werden, wer sich für das Unternehmen interessiert. Nach Unterzeichnung der Vertraulichkeitserklärung, der Bekanntgabe von persönlichen Informationen und allenfalls eines Eigenkapitalnachweises erhält der Interessent vertiefte Unternehmen-Markt-Informationen (Sensitivitätsstufe 2) in Form einer Firmendokumentation und eines ersten Gesprächs mit dem Eigentümer. In dieser Phase werden keine Namen von Mitarbeitern, Kunden oder Lieferanten genannt.

3. Stufe: Indikatives Angebot und evtl. Absichtserklärung

Interessenten, die nach der zweiten Stufe weiterhin Interessiert sind, müssen ihre Kaufabsicht mit dem Einreichen eines indikativen Kaufangebots (auch NBO genannt, Abkürzung für Englisch non-binding offer) und allenfalls mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung (auch LoI genannt, Abkürzung für Englisch Letter of Intent) bestätigen. Stimmen die Konditionen für den Verkäufer, können danach im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung (Due Diligence) unter Aufsicht Insider-Informationen (Sensitivitätsstufe 3) eingesehen werden.

Der Trade-off zwischen Vertrauen und Information beim Unternehmensverkauf

Die Wahrung der Vertraulichkeit und die Geheimhaltung des bevorstehenden Firmenverkaufs sind zentrale Voraussetzungen, um einen Unternehmensverkauf erfolgreich zu gestalten und das Geschäft nicht zu schädigen. Die Entscheidung, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt preisgegeben werden, gleicht dabei oft einer Gratwanderung. Einerseits sind gute und sensitive Daten gegenüber dem potenziellen Käufer vertrauensbildend, andererseits erhöht sich dadurch das Risiko, dass Informationen an Dritte gelangen oder der potenzielle Käufer nicht kauft und die vertraulichen Informationen zu seinen Gunsten verwendet. Letzteres trifft insbesondere auf Mitbewerber zu. Innerhalb des Verkaufsprozesses gilt es deshalb stets abzuwägen, welche Interessenten welche Informationen zu welchem Zeitpunkt erhalten. Dies wiederum verlangt viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung.

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