KMU Bewertung: Vorstellung vs. Realität

Beim Unternehmensverkauf ist eine der wichtigsten Komponenten zweifelsohne der Verkaufspreis. Nur wenn sich Käufer und Verkäufer in diesem Punkt einig sind, findet die Transaktion ein erfolgreiches Ende. Dabei stellt sich regelmässig die Frage nach dem Unternehmenswert. Bei an der Börse kotierten Firmen ist dieser Wert sehr einfach zu ermitteln. Da aber die wenigsten Schweizer KMU an einer Börse gehandelt werden, muss die zu verkaufende Firma bewertet werden, wofür es kein Standard-Vorgehen gibt. Dementsprechend kann sich eine KMU Bewertung als grosse Herausforderung präsentieren.

Dabei kommen grundsätzlich zwei verschiedene Sichtweisen zur Anwendung. Einerseits kann das Unternehmen nach den gängigen in der Bewertungslehre angewandten Methoden bewertet werden, wobei man sich entweder auf die Substanz oder den Ertrag eines Unternehmens fokussiert. Eine solche Unternehmensbewertung liefert eine solide Grundlage für die Erörterung des Firmenwerts, vernachlässigt aber das Geschehen auf dem Transaktionsmarkt. Denn grundsätzlich gilt: Ein Unternehmen hat so viel wert, wie der Markt bereit ist zu zahlen. Demgegenüber steht der praxisorientierte Ansatz einer Marktpreiseinschätzung. Bei diesem Ansatz wird das Unternehmen anhand von Daten aus tatsächlich realisierten Transaktionen bewertet und dessen Verkäuflichkeit geprüft. Daraus ergibt sich dann ein marktorientierter Unternehmenspreis.

Käufersicht vs. Verkäufersicht bei der KMU Bewertung

Wenn sich ein Unternehmer dazu entscheidet seine Firma zu verkaufen, muss er dafür ein Preisschild bekannt geben. Erfahrungsgemäss hat der Verkäufer, bevor er eine professionelle Bewertung einholt, bereits eine bestimmte Zahl oder einen Richtwert im Kopf. Oft sehen wir, dass der Umsatz als Richtgrösse für den Verkaufspreis dient oder dann ist es einfach eine runde Zahl aus seinem Bauchgefühl heraus, ohne dass die Inhaberschaft dafür stichhaltige Zahlen hat, welche diesen Wert stützen. Diese so errechneten Werte haben meist wenig mit der Realität auf dem KMU-Transaktionsmarkt gemein und führen dadurch zu unrealistischen Preisvorstellungen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass Verkäufer dabei den Wert ihres Unternehmens generell höher einschätzen als Käufer. Je emotionaler der Verkäufer mit der Firma verbunden ist und persönliche Energie er dafür eingesetzt hat desto höher dieses Wertempfinden. Nur allzu oft teilen potenzielle Käufer diese Ansicht nicht und setzten den Unternehmenswert um einiges tiefer an. Allerdings ist es für das Zustandekommen einer Transaktion wie eingangs schon erwähnt entscheidend, dass die beiden Seiten zu einer Übereinkunft kommen. Um diese Differenz zu überbrücken, ist es oft überaus zielführend, sich in die Sichtweise und Argumentationen der Gegenseite einzufühlen, um einen zielführenden Konsens zu erarbeiten. Dafür braucht es jedoch sachliche Argumente und weniger die emotionalen Befindlichkeiten.

Erschwerend kommt hinzu, dass im Feld der Unternehmensbewertung vor allem auf Verkäuferseite einige weit verbreitete Irrtümer vorherrschen. Diese gilt es zu überwinden, sodass der Preisfindung nicht unnötige Steine in den Weg gelegt werden. Besonders vier Fehlauffassungen bei der KMU Bewertung treffen wir immer wieder bei den Gesprächen mit Unternehmensinhaber und -inhaberinnen an, welche es auszuräumen gilt. Dabei gilt es festzustellen, dass diese Auffassungen nicht grundlegend falsch sind, sondern ihnen fehlerhafte oder unvollständige Annahmen zugrunde liegen und daher für einen rein sachbezogenen Interessenten befremdlich wirken können.

Fehlauffassung 1: Aufgewendete Arbeit als Referenz für den Unternehmenswert

Grundsätzlich entspricht der Wert eines Wirtschaftsguts der Summe aller damit in Zusammenhang stehenden Aufwände. An diesem Gedankengang ist auch grundsätzlich nichts auszurichten, denn schliesslich ein Unternehmen ein wirtschaftlich handelbares Gut. Daraus folgt, dass wie bei der Preisfestlegung eines Handelsprodukts oder einer Dienstleistung der Preis gemäss den aufgewendeten Kosten plus einer Prämie definiert wird, um langfristig am Markt zu überleben.

Die Ursache der Fehlüberlegung liegt hier in der Regel bei der Bewertung des Inputs. Nur weil Arbeit und Ressourcen für das Unternehmen aufgewendet wurden, bedeutet dies nicht, dass diese Inputs das Unternehmen voranbringen und dessen Wert steigern. Oder anders gesagt: Jeder wertvermehrende Input zeigt sich bei einer Firma früher oder später in Form von höheren Umsätzen und/oder tieferen Kosten, was sich schliesslich positiv auf den Gewinn und die Rentabilität auswirkt. Wenn der Input aber keinen dieser Effekte bewirkt, dann darf er bei der KMU Bewertung auch nicht berücksichtigt werden und kann nicht zur Stützung eines hohen Verkaufspreises ins Feld geführt werden. Oftmals weisen sehr hohe Aufwendungen in Verbindung mit gleichbleibenden oder gar schrumpfenden Gewinnen eher darauf hin, dass das Unternehmen mit Ineffizienzen zu kämpfen hat oder das Schwächen am Geschäftsmodell bestehen. Diese beiden Umstände wirken sich folglich negativ auf den Unternehmenswert aus und lassen den Interessenten an der Stichhaltigkeit der Argumente zweifeln. 

Fehlauffassung 2: Zu starke Gewichtung des Potenzials einer Firma

Jedes Unternehmen weist Potenziale verschiedenster Couleur auf, wenn man nur genau danach sucht. Dementsprechend häufig wird auch mit dem Potenzial eines Unternehmens bei den Preisverhandlungen argumentiert. Denn diese künftigen potenziellen Ertragssteigerungen sollen bereits bei der Vertragsunterzeichnung in den Unternehmenswert einfliessen. Die scheidende Inhaberschaft hat bekanntlich den Grundstein für die Erschliessung dieser Potenziale gelegt und der Nachfolger muss die Früchte dieser Bemühungen nur noch ernten. 

Dieser Gedanke ist im Grundsatz nicht falsch, aber er greift nicht weit genug. Selbstverständlich ist es für den Käufer relevant zu wissen, ob ein Geschäft problemlos skalierbar ist und wie es um die Erschliessung von Neukunden steht. Diesem Potenzial wird er aber nur dann gebührend Rechnung tragen, wenn die Inhaberschaft bereits konkrete Schritte zwecks Realisierung des Potenzials unternommen hat. Denn der Nachfolger trägt das Risiko für die mögliche Umsetzung des Potenzials und wendet dafür eigene Ressourcen auf. Allenfalls kann ein Earn-Out das Risikoempfinden bei der Erschliessung von Potenzialen verringern und so den Kaufpreis als variabler, erfolgsabhängiger Kaufpreisteil stützen. Dies signalisiert dem Käufer zugleich auch, dass der Verkäufer an das Potenzial, an die Zukunft und an die Fähigkeiten des Käufers glaubt. 

Fehlauffassung 3: Kosten zum Aufbau einer identischen Firma als Grundlage der Firmenbewertung

Bei dieser Fehlauffassung geht der Verkäufer davon aus, dass es für den Käufer schliesslich teurer wäre, auf der grünen Wiese zu beginnen, als das Unternehmen zu kaufen. Oftmals wird genau dieses Argument ins Feld geführt, um einen errechneten Verkaufspreis, welcher die Kosten für den Nachbau der eigenen Firma enthält, zu begründen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Käufer mit dem Kauf einer Firma immer ein Ziel verfolgt. Diese können je nach Käufertypus sehr unterschiedlich sein. Unabhängig vom Käuferprofil stellt der Kauf eines Unternehmens aber immer nur eine von mehreren validen Optionen dar. Investoren beispielsweise legen den Fokus primär auf die Rentabilität ihrer Investition und der Kauf des Unternehmens muss dabei auch einem Vergleich mit der Rentabilität und dem Risikoprofil von Wertschriften und Immobilien standhalten. Dagegen sind strategische Käufer meist an anorganischem Wachstum interessiert, da dieses kosteneffizienter und schneller mit einer Akquisition vorangetrieben werden kann. Lediglich Privatpersonen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, lassen sich von dem vorgebrachten Argument mit den Kosten zum Aufbau überzeugen. Sie müssten das Unternehmen ansonsten selbst aufbauen und neu gegründete Firmen unterliegen statistisch gesehen einem höheren Risiko in den Anfangsjahren für einen Konkurs. Daher sind besonders risikoaverse Personen oder Quereinsteiger für diese Art der Preisfindung empfänglich.

Da der Preis aber vor der Transaktion und oftmals dem Erstkontakt mit einem Interessenten festgelegt werden muss, ist es nicht möglich, den Preis situativ anzupassen. Auch stellt sich immer die Frage, welche alternative Firmen gerade auf dem Markt angeboten werden. Denn wie bereits eingangs dargelegt, ist eine Firma jeweils nur so viel Wert, wie der Markt bereit ist zu bezahlen. Daher ist es immer hilfreich, sich am M&A-Transaktionsmarkt zu orientieren und den eigenen Wunschpreis mit den Angeboten von ähnlichen Angeboten zu vergleichen.

Fehlauffassung 4 : Vermischung von Ertragswert- und Substanzwert

Für die KMU Bewertung können grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze mit dem Fokus auf den Ertrag oder die Substanz beigezogen werden. Bei der ertragsbasierten Bewertung rücken vor allem die Erträge, die das Unternehmen erwirtschaftet, ins Zentrum. Diese werden ins Verhältnis mit den damit verbundenen Risiken (Kapitalisierungssatz) gesetzt, woraus wiederum der Firmenwert abgeleitet werden kann. Die Datengrundlage hierbei liegt in der Erfolgsrechnung. Bei der substanzbasierten Herangehensweise hingegen liegt der Fokus auf der Bilanz, sprich auf dem materiellen Wert der Aktiven abzüglich der Schulden (Fremdkapital auf der Passivseite).

In der Praxis werden im Eifer des Gefechts die beiden Ansätze aber gerne fälschlicherweise kumulativ verwendet und so der Unternehmenswert bei der KMU Bewertung hochgetrieben. Die grundsätzliche Überlegung dahinter basiert auf dem Argument, dass neben dem errechneten Ertragswert einer Firma ja auch sämtliche Aktivposten wie das Warenlager, liquide Mittel, Sachanlagen etc. vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. Dementsprechend macht es aus Unternehmersicht Sinn, dem Ertragswert noch die bilanzierten Werte hinzuzuaddieren. Diese Logik missversteht allerdings die Ansätze der beiden Bewertungen. Beide sind separat zu betrachten und liefern einen Unternehmenswert entweder auf der Basis der Erfolgsrechnung oder der Bilanz. Diese beiden Ansätze aber zusammenzuaddieren treibt den Unternehmenswert zur Freude des Verkäufers und zum Unmut des Käufers unweigerlich stark in die Höhe. Lediglich betriebsfremde Aktiven oder echte überschüssige Substanz können als separaten Substanzwert dargestellt werden.

Der Unternehmensvermittler als professionelle Hilfe für eine realistischen KMU Bewertung

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Verkäuferschaft aus den oben aufgeführten Gründen oftmals ein überhöhtes Wertverständnis für ihre eigene Firma im Zuge einer Nachfolgeregelung hat. Dies ist insbesondere dann sehr schade, wenn es sich bei dem zu übergebenden Betrieb um eine kerngesunde Firma handelt und die Nachfolgeregelung aufgrund unüberbrückbarer Preisvorstellungen bereits in ihren Grundzügen scheitert, ohne dass der Transaktionsprozess überhaupt Fahrt aufnehmen kann. Ein professioneller Unternehmensvermittler kann in dieser Situation entscheidend sein. Denn er kann sich nicht nur emotional gut vom Unternehmen distanzieren, sondern kennt die Käuferschaft mit ihre Pain Points und weiss, welche Preise am Markt realisierbar sind

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