Grundsätzlich verrechnen steuerpflichtige Unternehmen dem Käufer beim Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen die Mehrwertsteuer. Was aber, wenn die Firma für einmal nicht wie gewohnt Waren oder Dienstleistungen vertreibt, sondern die eigene Firma selbst im Rahmen einer Unternehmensnachfolge in Form eines Asset Deals Gegenstand einer Transaktion ist?
Die Mehrwertsteuer in der Schweiz
Wie allerseits bekannt, unterliegen Unternehmen in der Schweiz Mehrwertsteuerpflicht. Dies trifft dann zu, wenn eine Firma einen jährlichen Umsatz von mehr als CHF 100’000 im In- und/oder Ausland erzielt und durch keinen im Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) erwähnten Grund steuerbefreit ist. Ein solcher Grund liegt beispielsweise bei der Lieferung von Gegenständen direkt ins Ausland vor.
Firma verkaufen: Muss ich Mehrwertsteuer bezahlen?
Wie schon beim Thema steuerfreier Kapitalgewinn ist die Antwort auf im Titel gestellte Frage von der Transaktionsstruktur abhängig– es kommt also darauf an, ob es sich um einen Share Deal (Verkauf von Anteilen: Aktien, Stammanteile) oder einen Asset Deal (Verkauf von Aktiv- sowie Passivposten) handelt. Denn gemäss Art. 21 Abs.2 Ziff. 19 Lit. e MWSTG sind «die Umsätze (Kassa- und Termingeschäfte), einschliesslich Vermittlung von Wertpapieren, Wertrechten und Derivaten sowie von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen» von der Steuer ausgenommen. Das heisst, wenn Personengesellschaften wie Einzelunternehmen, Kollektivgesellschaften oder Kommanditgesellschaften sowie Betriebe bzw. Betriebsteile aus Kapitalgesellschaften heraus verkauft werden, wäre der Kaufpreis grundsätzlich mehrwertsteuerpflichtig. Beim Share Deal, bei dem Aktien oder Stammanteile veräussert werden, muss dagegen keine Mehrwertsteuer entrichtet werden.
Wie weiter, wenn die Mehrwertsteuer beim Unternehmensverkauf anfällt?
Art. 38 MWSTG regelt, dass bei einer Vielzahl von Umstrukturierungstatbeständen wie zum Beispiel der Verkauf in Form eines Asset Deals die Mehrwertsteuerpflicht mittels Meldung an die Eidgenössische Steuerverwaltung zu erfolgen hat. Dabei unterscheidet der Staat zwischen dem obligatorischem und dem freiwilligem Meldeverfahren.
Obligatorisches Meldeverfahren
Das obligatorische Meldeverfahren kommt gemäss MWST-Info Nummer 11 bei einem Asset Deal zum Zug, wenn folgende Bedingungen kumulativ gegeben sind:
- Die Verkaufspartei unterliegt der Mehrwertsteuerpflicht.
- Die Kaufpartei unterliegt bereits der Mehrwertsteuerplicht oder wird es durch den Unternehmenskauf.
- Die Transaktion umfasst ein Teil- oder das Gesamtvermögen.
- Die auf dem Verkaufspreis mit dem ordentlichen Mehrwertsteuersatz berechnete Steuer übersteigt den Betrag von CHF 10’000. Beim Verkauf an eine mit der Verkaufspartei eng verbundenen Person kommt diese Limite von CHF 10’000 allerdings nicht zur Anwendung.
Der für die Berechnung der Steuer massgebliche Verkaufspreis umfasst sämtliche bilanzierten und nicht bilanzierten Aktiven zum Verkehrswert, die zur Erbringung von steuerbaren Leistungen verwendet werden. Keine steuerbaren Leistungen liegen hingegen
- bei der Veräusserung von Beteiligungsrechten (z. B. Veräusserung von Aktien), da diese Leistungen nach 21 Abs. 2 Ziff. 19 Lit. e MWSTG von der Steuer ausgenommen sind,
- bei der Veräusserung von gebrauchten beweglichen Gegenständen, die ausschliesslich zur Erbringung von nach 21 Abs. 2 MWSTG von der Steuer ausgenommenen Leistungen verwendet wurden, und
- bei der Veräusserung zwischen Mitgliedern derselben MWST-Gruppe, da es sich hierbei um nicht steuerbare Gruppeninnenumsätze handelt,
vor.
Dabei werden sämtliche Aktiven des Unternehmens als Gesamtvermögen angesehen, wie z. B. bei einer Einzelfirma. In diesem Fall kommt der Verkauf einer Liquidation des Unternehmens gleich und der Käufer übernimmt wirtschaftlich gesehen das gesamte Unternehmen des Verkäufers. Demgegenüber steht das Teilvermögen. Als Beispiel dafür lässt sich der Verkauf einer Firma anführen, welche Werkzeuge produziert und zugleich auch eine Immobilie hält. Je nach Transaktionsstruktur können entweder beide Einheiten an den Käufer übergehen oder aber lediglich der Betriebsteil Werkzeugproduktion, während die Liegenschaft in der Hand des Verkäufers bleibt.
Freiwilliges Meldeverfahren
Art. 104 der Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) regelt, dass das Meldeverfahren auf Antrag des Verkäufers auf freiwilliger Basis angewendet werden kann. Dies trifft dann zu, wenn die Bedingungen des obligatorischen Verfahrens nicht greifen. Dabei müssen jedoch nachfolgende Bedingungen erfüllt sein:
- Beide Transaktionsparteien unterliegen der Steuerpflicht oder werden es durch die Transaktion.
- Es werden Grundstücke bzw. Teile davon übertragen oder es liegt ein gewichtiges Interesse vor.
Ein gewichtiges Interesse liegt vor, wenn eine Vielzahl von Aktiven veräussert werden, welche aus Sicht des Verkäufers eine organische Einheit bilden. Diese Bedingung ist beim Verkauf von Unternehmen im Rahmen einer Nachfolgeregelung im Normalfall erfüllt.
Durchführung des Meldeverfahrens
Sind die oben genannten Voraussetzungen zur Durchführung des Meldeverfahrens gegeben, muss die Verkaufspartei das ausgefüllte Formular 764 ausgefüllt bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung einreichen. Die eigentliche Meldung ist im Abrechnungsformular derjenigen Periode anzugeben, in welcher die Transaktion stattgefunden hat. Dabei ist es von höchster Wichtigkeit, dass im Unternehmenskaufvertrag und Zahlungsbelegen vermerkt wird, dass das Meldeverfahren zur Anwendung kommt und keine Steuer ausgewiesen wird. Die Verkaufspartei muss zudem beim Verkauf eines Betriebsteils eine Auflistung der veräusserten Aktiven mit den entsprechenden Verkaufswerten einreichen. Beim Verkauf eines Gesamtbetriebs ist eine Übertragungsbilanz mit den entsprechenden Buchwerten der Aktiven beizulegen.
Abklärungen zahlen sich aus
Wichtig ist, dass die Transaktionsparteien im Vorfeld die Bedingungen des Meldeverfahrens abklären und den Kaufvertrag sowie alle weiteren Transaktionsbelege mit einem gesonderten Passus bzgl. der Mehrwertsteuer versehen. Denn wenn das Meldeverfahren ordentlich durchgeführt wird, fällt keine Mehrwertsteuer beim Unternehmensverkauf an. Je nach Transaktionsvolumen ist dies ein nicht zu unterschätzender Aspekt der Firmennachfolge. Denn die gesetzlich festgelegten 7.7% Mehrwertsteuer können eine Transaktion ins Wanken bringen, da sie üblicherweise auf den Verkaufspreis hinzugerechnet würden, was ein nicht unwesentlicher Preisanstieg bedeutet. Ein erfahrener Transaktionsberater kann bei der Vertragsgestaltung helfen, damit dieses essenzielle Schriftstück gesetzeskonform in Bezug auf die Mehrwertsteuer aufgesetzt ist.